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Dienstag | 9. März 2021 | 13:36 Uhr
Nachdem in einer Sondersitzung des Rechnungsprüfungsausschusses am Dienstagabend, 9. März, den Mitgliedern des Stadtrats, die im Ausschuss vertreten sind, alle bekannten Fakten zur drohenden Greensill-Insolvenz auf den Tisch gelegt wurden, blickt die Stadt Monheim am Rhein bei der Aufarbeitung ihrer Anlagestrategie nun vor allem nach vorn. Das beinhaltet die juristische Vorbereitung auf ein erwartetes Greensill-Insolvenzverfahren und eine Entscheidung über Änderungen bei den städtischen Finanzanlagen.
Wie Bürgermeister Daniel Zimmermann und Kämmerer Roland Liebermann am Dienstag in nicht öffentlicher Sitzung im Monheimer Ratssaal unterstrichen, geht es im Kern dabei um drei Säulen. Erstens: die Aufklärung durch interne und externe Prüfer, ob im Zusammenhang mit den Greensill-Anlagen Fehler gemacht wurden. Zweitens: die Entscheidung, was mit den übrigen Finanzanlagen der Stadt Monheim am Rhein geschehen soll. Und drittens: die Klärung der Frage, ob und wenn ja wie die in Bremen angelegten 38 Millionen Euro ganz oder zumindest in Teilen gerettet werden können.
Die Prüfung der Vorgänge, warum Geld bei der Greensill Bank angelegt wurde, ist nun vor allem Aufgabe des Rechnungsprüfungsamtes sowie der ebenfalls schon am 4. März durch den Bürgermeister beauftragten externen Wirtschaftsprüfer der Firma Integritas. Hier gilt es, einen Bericht für den Rechnungsprüfungsausschuss zu erarbeiten, der klar dokumentiert, ob es Pflichtverletzungen gegeben hat oder auch nicht. Bürgermeister Daniel Zimmermann erklärt mit Blick auf diese Prüfung: „Es gibt berechtigte Fragen, ob es Versäumnisse gegeben haben könnte, etwa mit Blick auf die Nichtberücksichtigung von Einlagensicherungen und der ja eigentlich geltenden Vorgabe, dass nicht mehr als 10 Prozent städtischen Vermögens bei einem einzelnen Geldinstitut angelegt werden sollen. Es gibt aber ebenso Indizien, dass vielleicht gar nicht so viel falsch gelaufen ist, wie es auf den ersten Blick scheint. Denn die Anlagerichtlinie gilt meiner Einschätzung nach nur für die Finanzanlagen des Anlagevermögens, nicht für Anlagen des Umlaufvermögens.“ Alle fünf Monheimer Greensill-Geschäfte, die der Stadt von gleich vier verschiedenen Finanzservicediensten empfohlen wurden, fielen nämlich in die Bewirtschaftung des städtischen Umlaufvermögens, das auch in Monheim am Rhein, wie in anderen Kommunen, zum normalen Tagesgeschäft der Stadtverwaltung innerhalb des Finanzbereichs gehört. „Das alles genau aufzuarbeiten, ist nun der klare Auftrag an die Rechnungs- und Wirtschaftsprüfung, die von der Stadt dafür sämtliche notwenigen Unterlagen und Informationen sowie die volle Unterstützung erhält. Bis das vollständig und sauber aufgearbeitet ist, werden wir uns alle aber wohl noch ein, zwei Monate gedulden müssen“, schätzt Monheims Stadtoberhaupt.
Zweites großes Thema in der Sondersitzung des Rechnungsprüfungssauschusses war am Dienstag die Vorstellung eines Fahrplans, wie nun mit weiteren städtischen Finanzanlagen umzugehen ist. Insgesamt verfügt die Stadt neben den 38 Millionen Euro, die bei Greensill angelegt wurden, aktuell über weitere 172 Millionen an Finanzkapital. Davon sind 75 Millionen Euro in einer Vermögensverwaltungsvereinbarung mit der genossenschaftlichen DZ Bank angelegt. Hierüber existiert ein Vertrag, der vom Anlagebeirat beschlossen wurde. „Investiert wird dabei nach definierten Risikoklassen zu einem kleinen Teil in Aktien, ansonsten vor allem in Staatsanleihen und Fonds“, erläutert Bürgermeister Daniel Zimmermann. „Wir können uns darauf verlassen, dass dieses Geld in guten Händen ist.“ Weitere 40 Millionen Euro liegen bei der Deutschen Bank auf mehreren Sparkonten. „Auch dieses Geld werden wir dort belassen“, betont der Bürgermeister. „Zwar handelt es sich bei der Deutschen Bank um eine Privatbank, aber wir kommen mit einer dreimonatigen Kündigungsfrist relativ kurzfristig an das Geld heran und zahlen keine Minuszinsen. Die Deutsche Bank ist unserer Einschätzung nach nicht nur ein großes, sondern eben auch ein äußerst sicheres Geldinstitut.“ Vollständig abgesichert ist kommunales Geld eigentlich nur bei Genossenschaftsbanken und Sparkassen. Dort wird jedoch ein Negativzins von aktuell rund 0,5 Prozent fällig. „Das macht auf 210 Millionen gerechnet rund eine Million Euro Zinsverlust in jedem Jahr“, rechnet Zimmermann vor.
Neben den großen Anlagen bei der DZ Bank und der Deutschen Bank gibt es aber noch mehrere kleinere Finanzprodukte, in die die Stadt derzeit 57 Millionen Euro investiert hat. „30,5 Millionen Euro davon beurteilen wir als sicher, weil sie von öffentlich-rechtlichen oder genossenschaftlichen deutschen Kreditinstituten ausgegeben wurden. 26,5 Millionen Euro betreffen jedoch Fest- und Tagesgelder bei zwei österreichischen Volksbanken und zwei kleinen deutschen Privatbanken sowie zwei Schuldscheindarlehen, die wir – mit den gerade gemachten Erfahrungen – nicht mehr als so sicher beurteilen, wie wir es uns für die städtischen Anlagen wünschen. Diese Gelder schichten wir jetzt um“, erläuterte Monheims Bürgermeister am Dienstagabend vor den Mitgliedern des Rechnungsprüfungssauschusses.
Den dritten großen Punkt bildete am Dienstagabend die Rettung dessen, was bei Greensill noch zu retten ist. Die Stadtverwaltung steht im Austausch mit anderen betroffenen Kommunen und stimmt sich zu einem möglicherweise gemeinsamen Vorgehen ab. Im Fokus stehen dabei die Rolle der Bafin und verschiedener Finanzmakler. Zimmermann: „Wir werden genau prüfen, ob es neben den Kommunen vielleicht auch andere gibt, die eine finanzielle Mitverantwortung tragen. Und in einem zu erwartenden Insolvenzverfahren wollen wir auf jeden Fall Verfahrensbeteiligte sein, um dafür zu sorgen, dass der Einlagensicherungsfonds sich nicht allein das Geld aus einer möglichen Insolvenzmasse herausholt, sondern auch die Kommunen abgefunden werden.“ Ein Team aus juristischen Experten wird durch die Stadt gerade zusammengestellt. Das Mandat, um die 38 Millionen Euro zu kämpfen, will der Bürgermeister dann von den Mitgliedern des Stadtrats in dessen Sitzung am 24. März einholen.
Seinen Beschäftigen, die an den Geldgeschäften mit der Greensill Bank beteiligt waren, sprach Bürgermeister Daniel Zimmermann gemeinsam mit Kämmerer Roland Liebermann am Dienstagabend ausdrücklich sein Vertrauen aus: „Die Bank besaß bis zuletzt ein gutes Rating. Die Zinssätze waren ordentlich, aber mit zuletzt 0,08 bis 0,3 Prozent nicht in einem Bereich, der als hochriskant zu bezeichnen wäre. Ich sage ehrlich: Hätte man mir diese Verträge im Dezember und Januar vorgelegt, ich hätten Sie wahrscheinlich unterzeichnet. Man darf diese Abschlüsse nicht allein mit dem heutigen Wissen beurteilen. Im Übrigen sind die Beschäftigten, die diese Geschäfte abgeschlossen haben, grundsätzlich zu Abschlüssen in dieser Höhe befugt gewesen. Unser Augenmerk wird deshalb darauf liegen, neben der bestehenden Anlagerichtlinie auch zusätzliche Regeln für das laufende Liquiditätsmanagement festzulegen.“
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